Der Verbraucherschutz gegenüber den Herstellern digitaler Produkte wird verbessert. Die Umsetzung der EU-Richtlinien 2019/770, 2019/771 und 2019/2161 bringt zum 1.1.2022 mehr Gewährleistungsrechte für Käufer und Aktualisierungspflichten für digitale Inhalte. Dafür wird das Kaufrecht im Hinblick auf den Sachmangelbegriff, Gewährleistungsrechte und auch bezüglich der Beweislast verändert.
Durch umfassende Informationen soll die Entscheidungsfindung für die Verbraucher beim Kauf von digitalen Produkten schon vor Vertragsabschluss erleichtert werden. Sollte sich ein Produkt nach dem Kauf dann als mangelhaft erweisen, dann stehen den Verbrauchern ab 2022 verbesserte Gewährleistungsrechte zu. Das regelt das "Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags„.
Mehr Verbraucherrechte bei Bereitstellung digitaler Inhalte und Dienstleistungen
Erfasst werden von der neuen Regelung Verbraucherverträge, welche die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen (= digitale Produkte) durch den Unternehmer gegen Zahlung eines Preises zum Gegenstand haben (Legaldefinition in § 327 Abs. 1 BGB).
Auch Daten können als Kaufpreis gelten und Verbraucherschutz auslösen
Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Gegenleistung des Verbrauchers in einer Geldleistung besteht. Erfasst werden vielmehr auch Verträge, bei denen der Verbraucher mit der Zurverfügungstellung von personenbezogenen Daten bezahlt, wie beispielsweise bei der Nutzung sozialer Netzwerke. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die personenbezogenen Daten für den Unternehmer erforderlich sind, damit er seine Vertragspflichten überhaupt erst erfüllen kann.
Umfassende Gewährleistungsrechte
Für die vom Anwendungsbereich der neuen Regelung erfassten Verträge werden umfassende Gewährleistungsrechte für Verbraucher geschaffen. Ist also beispielsweise eine Software fehlerhaft oder funktioniert eine App nicht richtig, dann stehen dem Verbraucher künftig die gleichen Rechte zu wie bei dem Erwerb eines anderen Produktes, also in erster Linie das Recht zur Nacherfüllung und beim Scheitern derselben ein Recht zur Minderung, zum Vertragsrücktritt oder zum Schadenersatz. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um einen Kaufvertrag über Waren handelt, die in einer Weise digitale Produkte enthalten oder mit ihnen verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne diese digitalen Produkte nicht erfüllen können (Waren mit digitalen Elementen).
Neuer Sachmangelbegriff
Die Mängelrechte im Kaufrecht werden also für die bislang gängigen analogen Kaufgegenstände einerseits und die neuen Sachen mit digitalen Elementen andererseits angeglichen. Der Sachmangelbegriff in § 434 BGB n.F. wird neu definiert. Danach ist eine Sache künftig frei von Mängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven und den objektiven Anforderungen sowie den Montageanforderungen entspricht. Es kommt also sowohl auf die subjektiven Vereinbarungen der Vertragsparteien an als auch auf die objektiven Eigenschaften der Sache. Eine Abstufung unter den einzelnen subjektiven und objektiven Anforderungen an die Mangelfreiheit der Sache wird – anders als im bisherigen § 434 BGB – nicht mehr vorgenommen.
Verlängerte Beweislastumkehr
Bislang wurde bei Verbraucherverträgen vermutet, dass ein Mangel schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat, wenn er innerhalb von 6 Monaten aufgetreten ist. Dieser Frist wird nun allgemein auf 1 Jahr verlängert. Die verlängerte Frist gilt sowohl für die üblichen Kaufgegenstände als auch für digitale Produkte. Bei dem Erwerb eines digitalen Produktes wird also vermutet, dass dieses bereits im Zeitpunkt der Bereitstellung mangelhaft war, wenn der Fehler binnen eines Jahres ab Bereitstellung auftritt.
Wird bei einer Ware mit digitalem Element auch die dauerhafte Bereitstellung des digitalen Elements laut Kaufvertrag geschuldet, dann gilt die Beweislastumkehr sogar für den gesamten vereinbarten Bereitstellungszeitraum.
Was wird von der Neuregelung nicht erfasst?
Nicht erfasst werden von der neuen Regelung u. a. Behandlungsverträge oder Verträge über Finanzdienstleistungen sowie eine Reihe weiterer Verträge, die ausdrücklich in § 327 Abs. 6 BGB–Entwurf aufgelistet sind. .
Bald Aktualisierungspflicht für Anbieter digitaler Produkte
Darüber hinaus werden die Anbieter digitaler Produkte künftig zur Aktualisierung verpflichtet. Sie müssen also funktionserhaltende Updates und Sicherheitsupdates bereitstellen, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit des digitalen Produktes erforderlich sind. Ferner muss der Verbraucher über diese Aktualisierungen auch informiert werden. Dies gilt bei fortlaufenden Vertragsbeziehungen für die gesamte Vertragsdauer und bei einem einmalig zu erfüllenden Vertrag über einen Zeitraum, den der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann.
Gesetzentwurf
Umfangreichen Hinweispflichten beim Kauf auf Onlinemarktplätzen
Bei dem Erwerb von Produkten auf Onlinemarktplätzen, wie beispielsweise eBay oder Amazon sollen die Verbraucher künftig dadurch besser geschützt werden, dass den Anbietern umfangreiche Hinweispflichten auferlegt werden.
Was ist ein Onlinemarktplatz?
Unter einem Onlinemarktplatz wird ein Dienst verstanden, der es dem Verbraucher ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die vom Betreiber oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen (Legaldefinition in § 312k BGB-Entwurf).
Informationen zum Zustandekommen der Reihenfolge Suchergebnisse
Auf diesen Onlinemarktplätzen muss der Anbieter künftig schon vor Vertragsschluss über die wesentlichen Kriterien des Rankings von Suchergebnissen und deren Gewichtung unterrichten, beispielsweise die Anzahl der Aufrufe des Angebotes, das Datum der Einstellung des Angebotes, die Anzahl der Verkäufe des Produktes sowie Provisionen und Entgelte. Auf Vergleichsportalen muss zudem darüber unterrichtet werden, welche Anbieter bei dem Vergleich berücksichtigt wurden.
Offenlegen von wirtschaftlichen Verflechtungen
Der Betreiber eines Onlinemarktplatzes muss zudem die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen ihm und den dortigen Anbietern offenlegen. Des Weiteren muss er darüber informieren, ob es sich bei den potentiellen Vertragspartnern um Unternehmer oder Verbraucher handelt. Dies ist für den Verbraucher deshalb von Bedeutung, weil im Falle des Vertragsabschlusses mit einer Privatperson Gewährleistungsrechte ausgeschlossen werden können und die besonderen Vorschriften für Verbraucherverträge nicht gelten.
Informationspflichten Pflichten auf dem Ticketzweitmarkt
Beim Kauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen auf dem sog. Ticketzweitmarkt muss der Anbieter künftig darüber informieren, wie hoch der vom Veranstalter festgelegte Originalpreis der Eintrittskarte ist. Dadurch wird der Verbraucher in die Lage versetzt, vom Anbieter zusätzlich berechnete Vermittlungsgebühren zu erkennen.
Informationspflicht bei personalisierten Preisen
Schließlich kommt eine Informationspflicht, wenn ein Preis personalisiert berechnet wurde. Dies ist dann der Fall, wenn der Anbieter seine Preise an Hand automatisierter Prozesse auf Basis gesammelter personenbezogener Daten des Käufers individuell festlegt. Hier soll der Verbraucher in die Lage versetzt werden, diese individuelle Preisbildung zu erkennen.
Sanktionen bei Verstößen gegen die Informationspflichten
Im Falle von Verstößen gegen die Informationspflichten kann ein Bußgeld bis zu 50.000 EUR verhängt werden. Erzielt der Anbieter einen Jahresumsatz von mehr als 1,25 Millionen, so ist sogar eine Geldbuße bis zu 4 % des Jahresumsatzes möglich.
Die Neuregelungen treten zum 1.1.2022 in Kraft.
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