Im Kampf gegen Judenhass fordert Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) einen härteren Kurs – mit Gesetzesänderungen und dem Verwehren der Staatsbürgerschaft für Antisemiten.
„Antisemitische Hass-Delikte sollen nach meinen rechtspolitischen Vorstellungen künftig leichter verfolgt werden können“, sagte sie am Freitag im Niedersächsischen Landtag in Hannover. „Unser Bestreben ist eine Null-Toleranz-Strategie.“ Zusammen mit Bayern werde sie sich bei der nächsten Justizministerkonferenz am 16. Juni dafür einsetzen. „Es kann nicht sein, dass die ganze Welt im Netz Videos mit antisemitischen Beleidigungen abrufen kann, aber unsere Staatsanwaltschaften nichts tun können, weil ein Strafantrag fehlt“, sagte die Ministerin bei einer von der CDU beantragten Fragestunde im Parlament.
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Doch ohne Antrag könnten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte Beleidigungsdelikte nicht verfolgen: „Hier wollen wir neue Impulse setzen.“ Sie begrüßt es außerdem, dass die Bundesregierung den Straftatbestand der „verhetzenden Beleidigung“ einführen will. Derzeit sei es nur möglich, Beschuldigte wegen Volksverhetzung zu verurteilen, wenn es um eine Störung des öffentlichen Friedens gehe. „Doch wir müssen bereits deutlich vorher ansetzen.“ Auch Beleidigungen zwischen zwei Personen oder in geschlossenen Gruppen sollten laut Havliza mit Strafe bedroht sein, um Juden- und Fremdenhass zu bekämpfen.
Zuletzt gab es zudem den Vorschlag des CDU-Innenexperten Mathias Middelberg, Antisemiten die deutsche Staatsbürgerschaft zu verweigern. Havliza begrüßt diese Idee, antisemitische Handlungen seien unvereinbar mit dem Grundgesetz, sagte sie: „Warum sollte jemand, der öffentlich gegen Juden hetzt, die Existenz des Staates Israel infrage stellt oder die israelische Fahne verbrennt, deutscher Staatsbürger werden dürfen?“
Die FDP-Fraktion drängte am Freitag im Landtag zudem darauf, den jüdischen Gemeinden im Land 20 Monate nach dem rechtsextremistischen Anschlag von Halle endlich finanzielle Mittel für den baulichen Schutz ihrer Einrichtungen zu bewilligen. „Es muss weiterhin das Recht jedes Bürgers sein, seine Religion ohne Angst auszuüben“, sagte der stellvertretende Fraktionschef Björn Försterling. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) erwiderte, dass er mit den jüdischen Gemeinden in regelmäßigen Gesprächen darüber sei. Innenminister Boris Pistorius (SPD) wies den Vorwurf zurück, seitens der Landesregierung werde zu wenig für den Schutz der Synagogen getan.
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