Der Bundesgerichtshof verhandelt anhand von drei Fällen über die Kennzeichnungspflicht von Produktempfehlungen auf Instagram. Das Urteil verspricht mehr Klarheit in der Diskussion, ab wann ein Beitrag als Werbung gekennzeichnet werden muss.
Der Verband Sozialer Wettbewerb bezichtigt Influencer:innen, auf Instagram Schleichwerbung zu betreiben. Aktuell verhandelt der Bundesgerichtshof über drei ähnliche Fälle. Die Klagen richtet sich gegen die Instagram-Berühmtheiten Leonie Hanne (leoniehanne), Luisa-Maxime Huss (lu_coaching) und Cathy Hummels (cathyhummels). Nachdem diese schon durch diverse Vorinstanzen gingen, erfolgt nun eine Revision durch den BGH. Ein Urteil soll am 9. September fallen.
Allerdings verschwimmen die Grenzen zwischen zu kennzeichnender Werbung und privater Produktempfehlung. Influencer:innen nehmen hierbei eine Doppelrolle ein und agieren sowohl als Privatperson als auch als Werbefigur. Die Trennlinie ist hier nicht immer scharf zu ziehen, weshalb es für viele prominente Instagram-Nutzer:innen gängige Praxis ist, einfach alles als Werbung zu kennzeichnen, um auf der sicheren Seite zu stehen. Beispielsweise verwenden sie kennzeichnende Hashtags wie #Anzeige oder den Hinweis „bezahlte Partnerschaft mit …“.
Häufig werden auch sogenannte „Tap Tags“ verwendet, um die dargestellten Produkten mit den entsprechenden Marken oder Inhaber:innen zu verlinken. „Tap Tags“ sind anklickbare Bereiche innerhalb des Beitragsbildes und führen per Klick zu den Internetseiten der Hersteller. So werden auch Produkte verlinkt, zu denen kein Werbevertrag abgeschlossen wurde. Der Verband Sozialer Wettbewerb argumentiert, dass diese Praxis dennoch kommerzielle Zwecke verfolge, da die „Tap Tags“ die Zuschauer:innen zum Kauf verleiten würden.
Die laufende Verhandlung des BGH klärt nun die Frage, ob aus den mit „Tap Tags“ versehenen Beiträgen eindeutig hervorgehen muss, dass es sich hierbei um Werbung handle.
Wie ein Kuscheltier zu einer Gerichtsverhandlung führte
Das Fehlen eines Werbehinweises wurde Cathy Hummels zum Verhängnis, da sie ein Foto von einem Kuscheltier veröffentlichte – ohne einen entsprechenden „Tap Tag“ mit Kennzeichnung. Da Hummels für ihre sogenannte Produktempfehlung keine (entgeltliche) Gegenleistung bekam, wurde die Klage sowohl vom Landgericht als auch vom Oberlandesgericht München abgewiesen.
Anders erging es Luisa-Maxime Huss, die wegen unzureichender Werbekennzeichnung von Himbeermarmelade vom Landgericht Göttingen verurteilt wurde. Das geht aus dem Urteil des LG Göttingen hervor.
Mehr Klarheit bei der Kennzeichnungspflicht
Vergangene Fälle zeigen, dass die Gerichtsurteile abgemahnter Influencer:innen je nach Land- und Oberlandesgericht unterschiedlich ausfielen. Die anstehende Entscheidung des BGH ist ein Meilenstein in der Frage um Kennzeichnungspflicht von Produkten auf Instagram. Das Urteil des obersten Gerichts wird sich auf die Prozesse weiterer Influencer:innen, die von dem Verband abgemahnt wurden, auswirken.
Mehr Rechtssicherheit durch neues Gesetzespaket
Zukünftig verspricht auch ein neues Gesetzespaket zur „Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht“ mehr Rechtssicherheit. Die Gesetze treten am 28. Mai 2022 in Kraft. Damit fällt die Verpflichtung, Produkte als Werbung zu kennzeichnen, sobald die Influencer:in „kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt.“
Dabei stehen die Influencer:innen in der Pflicht zu demonstrieren, dass sie für ihre gezeigten Produkte nicht bezahlt werden. Diese Dokumentation ist zwar ein hoher Aufwand, liefert aber Beweismaterial vor Gericht.
Über den Autor/ die Autorin
Influencer:innen sollen in Zukunft nur Beiträge als Anzeige kennzeichnen müssen, für die sie auch eine Gegenleistung erhalten. Das soll Rechtssicherheit schaffen, doch bei der Umsetzung bleiben offene Fragen.
Instagram filtert auf Empfehlungsseiten strikter als es die eigenen Community-Regeln es vorgeben. Den neuen Standard-Filter können Nutzer:innen aber mit ein paar Klicks abschalten.
Das Europäische Parlament entwickelt eine Influencer-Strategie, um neue Zielgruppen über Social Media anzusprechen. Im Gegensatz zur Bundesregierung fließt dabei kein Geld. Das Parlament setzt auf Influencer:innen, die aus Überzeugung mitmachen.
Bei den zivilrechtlichen Streitigkeiten gibt es weder Ankläger, noch Angeklagte (m/w/d). Die gibt es nur im Strafrecht mit der Staatsanwaltschaft als Ankläger und dem Angeklagten (nachdem er vorher Beschuldigter im Ermittlungsverfahren und Angeschuldigter im Zwischenverfahren war).
Im Zivilrecht heißen die schlicht Kläger(in) und Beklagte(r).
Das ist korrekt. Danke für den Hinweis.
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